Csárdás, Kesselgulasch, Livemusik und Tanz – das bot die Donauschwäbische Tanz- und Folkloregruppe Reutlingen ihren Gästen, zum 50jährigen Jubiläum in der Festhalle Reutlingen-Degerschlacht, am letzten Wochenende im Oktober. Die Veranstaltung brachte ehemalige und aktive Mitglieder wieder zusammen und lies Erinnerungen aufleben.
Vor 50 Jahren wurde Karl Leidecker zum Vorsitzenden des Kreisverbands Reutlingen gewählt und unter ihm entstand eine Tanzgruppe, die das Aushängeschild der Reutlinger Donauschwaben werden sollte. Bald schon übernahm Albert Kist die Leitung der Tanzgruppe und brachte die Tänzer auf ein Niveau, dass die Gruppe weit über Reutlingen hinaus bekannt werden ließ. Neben Tourneen durch Europa, Amerika und Kanada machte sich die Tanzgruppe auch einen Namen in Deutschland durch Fernsehauftritte und dem 1. Platz beim Wettbewerb für Tanz- und Folkloregruppen auf der IFA in Berlin, im Jahr 1981. In den 1990ern kam es dann zum Generationenwechsel, indem die komplette aktive Tanzgruppe sich zur Ruhe setzte und aus den älteren Jugendlichen die neue Tanzgruppe geformt wurde. Auch danach folgten noch Fahrten in die alte Heimat der Donauschwaben, mit inzwischen einigen Tänzern, die keine donauschwäbische Wurzeln haben, aber die Tradition weiter führen. 2014 musste schließlich die Kindergruppe wegen Mangeln an Tänzern aufgelöst werden, aber trotzdem veranstaltet die Donauschwäbische Tanz- und Folkloregruppe Reutlingen im Jahr 2015 die 50 Jahr Feier mit sieben Paaren, die die Gruppe heute immer noch zählt.
Wo früher die Eltern der Kindergruppe gefragt waren, musste diesmal die Tanzgruppe in Eigenregie alles organisieren. So musste das Kesselgulasch zubereitet und beaufsichtigt werden, Getränke hergeschafft und ausgeschenkt, Bilder aus der Vergangenheit organisiert und gesammelt werden. Das alles wurde von den Tänzern abverlangt, die den ganzen Tag in der Küche oder hinter der Bar verbracht haben. Einmal kurz den alten Freunden oder den ehemaligen Tänzern „Hallo“ sagen und dann auch schon wieder zurück an die Arbeit. Wo früher selbst getanzt werden konnte musste diesmal gearbeitet werden mit Unterstützung von Freunden, die nicht zum Verein gehören, aber sofort eingewilligt haben zu helfen, damit die Tanzgruppe wenigstens einen Auftritt gestalten kann.
Eröffnet wurde der Abend durch Tanzgruppenleiter Danny Harter, der die Ehrengäste Stefan Ihas (Präsident Weltdachverband), Sandra Perić (Bundesjugendvorsitzende), Otto Harfmann (stellv. Bundesvorsitzender), sowie Oberbürgermeisterin Barbara Bosch und Bezirksbürgermeister Wolfgang Heusel begrüßte. Ein besonderer Gruß galt den ca. 40 ehemaligen Tanzgruppenmitgliedern und den Ehemaligen, die sich neu zur Gomaringer Tanzgruppe geformt haben, die auch zur Gestaltung des Abends beigetragen hat.
Danny Harter übergab das Wort schließlich an OB Barbara Bosch, die die Tanzgruppe würdigte. Die Bürgermeisterin begann Ihre Rede mit einer außergewöhnlichen Situation, denn wie Bosch feststellte feiert die Tanzgruppe 50jähriges Jubiläum, jedoch ist keines der Gründungsmitglieder mehr dabei und so kommt es, dass keiner der Tänzer älter wie 36 Jahre ist. Damit liegt der Altersdurchschnitt der Tanzgruppe bei 26 Jahren und das bei einem Brauchtum, der „aus der Mode geraten ist“, so Bosch. Warum gerade die Donauschwäbische Tanz- und Folkloregruppe Reutlingen eine der wenigen Folkloreguppen ist, die so jung bleibt, kann sich Bosch nur damit erklären, dass die Gruppe ihre Tänzer immer wieder aufs Neue Begeistert und mit Auftritten, wie z.B. für Erzbischof Zollitsch in Freiburg, interessante Auftrittsmöglichkeiten bietet. Bosch betont, dass die Tanzgruppe ein Zeichen für gelebte Integration ist und die Kultur der Stadt „reicher, bunter und vielfältiger“ Macht. Die Tanzgruppe mit ihrem legendären Status vertritt nicht nur die Stadt Reutlingen, sondern die Stadt ist auch stolz solch eine berühmte Tochter zu haben. Gewürdigt hat Bosch die Arbeit der Tanzgruppe mit einer Urkunde und einem Zuschuss für das Tanzgruppenkonto.
Und dann durften auch schon die ehemaligen oder besser gesagt noch aktiven ehemaligen Mitglieder zeigen, dass sie noch nichts verlernt haben. Wie früher, führte Albert Kist die Gomaringer Tanzgruppe, die sich inzwischen alle zwei Wochen zum Tanzen trifft, an der Spitze der Formation auf die Bühne und bewies dem Publikum, dass man auch im Alter noch einen Csárdás tanzen kann. Geleitet wird die Gruppe heute von Helmut Becker. Die Tanzgruppe Gomaringen, die mit sechs Tanzpaaren anwesend war zeigte zuerst die „Sifra“, danach den „Magyar Csárdás“ und abschließend den „Szányi Csárdás“, den die Gruppe einst von der Tanzgruppe aus Mosonmagyaróvár erlernt hat. Die Gruppe zeigte dem leider viel zu kleinen Publikum, dass die Figuren immer noch sitzen, auch wenn die Kondition mit dem Alter doch langsam schwindet.
Eine besondere Ehre war es der Donauschwäbischen Tanz- und Folkloregruppe, die Schütz Kapelle aus Ungarn in neuer Besetzung begrüßen zu dürfen. Wie auch die Tanzgruppe, hat die Schütz Kapelle in diesem Jahr ein Jubiläum zu feiern, nämlich 25 Jahre Bandbestehen. Dass die Musik immer noch so gut und leidenschaftlich, wie am ersten Tag ist, haben die sechs Musiker, die am Morgen aus Ungarn angereist sind, dem Publikum gezeigt. Egal ob Klassiker wie „Wo die Donau fließt nach Süden“, den Csárdás „Az a szép“ oder Schlager wie „Griechischer Wein“ hatte die Schütz Kapelle ein breites Repertoire zu bieten, das die Zuschauer begeistert hat.
Eine besondere Ehre war es dann für die Donauschwäbische Tanz- und Folkloregruppe Reutlingen mit Livemusik der Band zu tanzen. Eröffnet wurde der Auftritt mit der „Oberkrainer“, zu der die sieben Tanzpaare durch den ganzen Saal einzogen, danach kamen „Veilchenblaue Augen“, bei dem alle Gäste die Tanzgruppe mit Gesang unterstützte. Nach einer kurzen Begrüßung durch Danny Harter ging es dann auch schon mit der „Musikantenpolka“ weiter und zum Abschluss noch „Bis bald, Auf Wiedersehn!“. Der vom Publikum lautstark gefeierte Auftritt der Tanzgruppe brachte noch einmal gute Stimmung in den Raum und auch die Tänzer wussten, dass die Arbeit hinter den Kulissen nicht umsonst war. Da die komplette Bewirtung durch die Tänzer übernommen wurde, musste sich das Tanzprogramm leider kurz halten. Dennoch war jeder Tänzer mit vollem Herzen bei der Sache und auch die aktiven Mitglieder die inzwischen mehrere hundert Kilometer weg wohnen haben es sich nicht nehmen lassen, diesen Tag mit ihrer Gruppe zu verbringen.
Um zu zeigen, dass die ehemaligen genauso zu der Tanzgruppe gehören, wie auch die aktiven, wurde spontan noch einmal die Gomaringer Tanzgruppe auf die Bühne gerufen um zusammen die „Böhmische Polka“ aufzuführen. Choreografiert wurde dieser Tanz von Albert Kist, ehemaliger Tanzgruppenleiter der Donauschwäbischen Tanz- und Folkloregruppe und nun Mitglied der Gomaringer Tanzgruppe. Beide Gruppen zusammen stellten 12 Paare auf die Tanzfläche, die damit gut ausgelastet war. Doch wussten sich die Tänzer zu helfen, indem sie spontan die Aufstellung änderten um genügen Platz zu haben und an den wichtigen Stellen zurück in die Formation zu tanzen.
Ganz besonders gefreut hat sich die Tanzgruppe, einige Tanzgruppenmitglieder für langjähriges Engagement zu ehren. Otto Harfmann, Stellvertretender Bundesvorsitzender mit der Zuständigkeit für Landesverbände, der den Bundesvorsitzenden Hans Supritz vertrat, durfte Frauke Fink für 30 Jahre Treue, Rosanna Schütz und Manuel Kyas für 25 Jahre und Jana Maier für 20 Jahre Treue auszeichnen. Wie Harfmann betonte, freue es ihn sehr, dass auch Tänzer ohne Donauschwäbische Wurzeln unter den Jubilaren seien. Zudem wird Danny Harter bei der nächsten Landesverbandssitzung für seine langjährige Tätigkeit in der Tanzgruppe ausgezeichnet. Unterstützt wurde Otto Harfmann von Stefan Ihas, Vorsitzender des Weltdachverbandes der Donauschwaben.
Auch Stefan Ihas überbrachte der Tanzgruppe Grüße und bedankte sich dafür, dass die Reutlinger Tanzgruppe Tänze von Josef Wenczel ausgewählt hat, der im vergangenen Jahr verstorben ist. Durch die Tänze lassen die Tanzgruppen Weltweit ihn und sein Werk weiterleben! Darüber hinaus würde Stefan Ihas sich freuen den ein oder anderen Tänzer der Gruppe im nächsten Jahr beim Welttreffen in Ungarn, dass nun zum dritten Mal abgehalten wird, zu sehen um Freundschaften zu pflegen und neue Kontakte zu knüpfen.
Den restlichen Abend spielte die Schütz Kapelle auf, während sich ehemalige und aktive Tanzgruppenmitglieder unterhielten, Erinnerungen austauschten oder auch den einen oder anderen Tanz zusammen wagten. Auch wurde zusammen, aber ohne Tracht, der Olahós, der Mädchenreigen und der Szányi Csárdás getanzt. Wie OB Bosch in ihrer Rede festellte, sind „Volkstänze eigentlich ziemlich out und liegen nicht mehr im Trend – jedoch nicht in dieser Gruppe, die eine Faszination ausübt, der man nur gebannt zuschauen kann.“
Die Tanzgruppe Reutlingen bedankt sich bei allen ehemaligen Mitgliedern, wie auch bei allen anderen Gästen für den Besuch an diesem Abend. Es wird weder der letzte Tanz noch die letzte Veranstaltung gewesen sein, denn wie Bosch mitteilte, freut sie sich schon auf die 100 Jahr Feier, die die Bürgermeisterin zwar nicht mehr besuchen kann, sich aber sicher ist, dass die jetzige Gruppe dort noch tanzen wird. (Maja Kirschenheuter)